Tiefziehteile in der Praxis

Was ist Rezyklat? Möglichkeiten im Kunststoff Recycling und Abgrenzung zu Neuware

In einer zunehmend nachhaltig ausgerichteten Welt spielen Recycling und die Wiederverwendung von Materialien eine Schlüsselrolle. Kunststoff Rezyklate bieten dabei eine nachhaltige Alternative zu Neuwaren. Doch was genau verbirgt sich hinter dem Begriff, und wie lassen sich Rezyklate von Neuware abgrenzen? Jetzt lesen.


Author Avatar

Sarah Guaglianone

21. März 2024

6 Minuten
Rezyklat Blogbeitrag_Banner
Share

Inhalte

    Einsatz von Rezyklaten: Status Quo in Deutschland

    Die Verwertung von Kunststoffen wird in Deutschland zunehmend wichtiger, um die Umweltbelastung durch Plastikmüll zu reduzieren. Derzeit werden etwa 50% der Kunststoffabfälle recycelt, der Rest wird energetisch verwertet oder geht in die Deponie.

    Um die Recyclingquote zu erhöhen, wurde daher 2019 das Verpackungsgesetz eingesetzt, das Unternehmen dazu verpflichtet, ihre Verpackungen umweltfreundlicher zu gestalten und für ihre Entsorgung zu sorgen.

    Auch die Verwendung von Recycling Kunststoffen wird immer beliebter. Die Kreislaufwirtschaft soll durch ein optimales Verpackungsdesign (Design for Recycling) unterstützt werden, um die Umweltbelastung zu minimieren und gleichzeitig eine optimale Warenverpackung zu gewährleisten - und das idealerweise mit einem möglichst hohen Rezyklat Anteil.

    Was ist ein Rezyklat?

    Rezyklate sind Produkte, die durch den Recyclingprozess entstehen und wortwörtlich als "wieder in den Zyklus eingeführt" bezeichnet werden. Sie werden aus verschiedenen Materialien wie Glas, Papier oder Batterien gewonnen.

    Im Kontext von Kunststoffen handelt es sich bei Rezyklat um wiederverwertetes Kunststoffmaterial wie PE (Polyethylen), PP (Polypropylen) oder PET (Polyethylenterephthalat), das bereits von Haushalten oder Gewerbetreibenden einmal entsorgt wurde und nun erneut für die Herstellung neuer Produkte verwendet wird.

    Somit wird der Materialkreislauf geschlossen. Kunststoff Rezyklate existieren in Form von Granulat, Flocken ("Flakes") oder Pulver und werden als Sekundärrohstoffe betrachtet.

    Rezyklat in Form von Kunststoffflakes
    Rezyklat in Form von Kunststoffflakes

    Es gibt zwei Hauptarten von Rezyklaten:

    1. Post-Industrial-Rezyklate (PIR) oder Pre-Consumer-Rezyklate: Diese entstehen aus überschüssigen Kunststoffabfällen, die während der Herstellung von Kunststoffverpackungen oder anderen Kunststoffprodukten anfallen.
    2. Post-Consumer-Rezyklate (PCR): Im Gegensatz dazu bestehen PCR aus recycelten Kunststoffabfällen, die in Haushalten, der Industrie oder im Gewerbe genutzt und anschließend über den gelben Sack oder die gelbe Tonne entsorgt wurden.

    Rezyklate: Herausforderungen im Kunststoff Thermoforming

    Der Einsatz von Rezyklate ist aus einer Kreislaufsicht immer sinnbehaftet. Jedoch geht die Verarbeitung von Rezyklaten auch mit Herausforderungen einher, die vor allem bei optisch oder technisch sehr anspruchsvollen Tiefziehprodukten beachtet werden sollten:

    Probleme bei Rezyklaten_Icon

    Keine einheitlichen Farbstandards

    Kunststoffe, die auf Rezyklaten basieren, haben keine einheitlichen Farbstandards. Während des Herstellungsprozesses werden verschiedene regenerative Komponenten gemischt, was dazu führt, dass kein RAL-Farbton möglich ist.

    Zum Beispiel reicht die Farbpalette für "PS Regenerat schwarz" von anthrazit bis schwarz und für "PS Regenerat weiß" von einem gelblichen bis zu einem hellen Weiß. Daher gibt es keine Garantie für Farbgenauigkeit.

    Verarbeitung

    Rezyklate können unzuverlässiger in der Verarbeitung sein als Neuware. Das liegt daran, dass Rezyklate aus einer Vielzahl von Quellen stammen können und von Batch zu Batch unterschiedliche Zusammensetzungen aufweisen. Dies kann zu Variationen in den Materialeigenschaften führen, wie z.B. Schmelzpunkt, Fließverhalten und mechanische Eigenschaften.

    Während des Recyclingprozesses können Materialien einer gewissen Degradation unterliegen, insbesondere, wenn sie mehrfach recycelt wurden. Diese Degradation kann zu einer Verschlechterung der Materialeigenschaften führen.

    Aufgrund der Unterschiede in der Materialzusammensetzung und -qualität können unterschiedliche Verarbeitungsparameter erforderlich sein, um Rezyklate effektiv zu verarbeiten. Dies umfasst Änderungen der Verarbeitungstemperatur, der Geschwindigkeit oder der Druckluft.

    Durch die verändernden Parameter bei Re-Ware hat man bei Rezyklaten gegenüber Neuware unter Umständen eine höhere Ausschussquote und längere Taktzeiten, um eine ähnliche Qualität zu erreichen. Auch ist das Ausbrechen der Fräskante bei Re-Ware ein je nach Qualität des Materials ein mehr oder weniger auftretendes Problem.

    Oberflächenqualität

    Aufgrund der Vielfalt der eingesetzten Rohstoffe gibt es auch keine Garantie für die Oberflächenqualität des Tiefziehteils.

    Komplexe Formen mit dem Einsatz von Rezyklaten können problematisch sein. Das ist insbesondere ein Problem bei Tiefziehteilen, beispielsweise bei Kunststoffgehäusen, wo die Ästhetik eine Rolle spielt.

    Probleme, die auf der Oberfläche auftreten können, sind

    • Lufteinschlüsse
    • Kleine Blasen

    Kein Materialdatenblatt

    Es ist wichtig anzumerken, dass die genaue Herkunft der verschiedenen Rezyklat-Komponenten nicht immer bekannt ist. Daher kann auch nicht für Silikonfreiheit garantiert werden. Wichtig: Mechanische Eigenschaften einzelner Extrusionschargen können in der Regel per Laborprobe bestimmt werden. Das gilt dann für die nächste Serie aus einer anderen Materialcharge schon nicht mehr.

    Das bedeutet, dass kein Materialdatenblatt verfügbar ist, mit dem man die Herkunft der Kunststoffe zurückverfolgen kann. 

    Übersicht: Vergleich Kunststoff Rezyklat und Neuware

    Kunststoff RezyklatKunststoff Neuware
    Kein RAL-Farbton möglichRAL-Farbton möglich
    Keine einheitlichen FarbstandardsHohe Farbgenauigkeit
    Potenzielle Blasen und LufteinschlüsseGlatte Oberflächen
    Genaue Herkunft der Rezyklat-Komponenten nicht bekanntHerkunft bekannt
    Kein Materialdatenblatt verfügbarMaterialdatenblatt verfügbar
    Potenzielle DegradationImmer gleichbleibende Qualität

    Wie entsteht Rezyklat?

    Die Umwandlung von Abfällen in Rezyklate erfolgt durch einen mehrstufigen Prozess. Für die Rezyklat Herstellung werden zunächst recycelbare Kunststoffprodukte wie Verpackungen nicht im Restmüll, sondern im Gelben Sack oder der Gelben Tonne entsorgt, wodurch sie mindestens einmal in den Wertstoffkreislauf gelangen. Der vorsortierte Abfall wird dann zu Recyclinghöfen gebracht und dort mithilfe moderner Sortieranlagen nach Kunststoffsorten und Farben getrennt.

    Nachdem der gebrauchte Kunststoff sortenrein aufgeteilt wurde, folgen weitere Verarbeitungsschritte. Der Altkunststoff wird verpresst, zerkleinert oder beides hintereinander durchgeführt. Anschließend erfolgt eine gründliche Reinigung, um Fremdkunststoffe oder andere Fremdmaterialien zu entfernen. Danach ist das Kunststoff Rezyklat bereit für die weitere Verwendung.

    Was ist der Unterschied zwischen Rezyklat, Regranulat und Regenerat?

    Rezyklat ist der Oberbegriff für Regranulat und Regenerat.

    Regranulat: Je nach Bedarf und späterer Anwendung kann es notwendig sein, aus dem Altkunststoff Regranulat herzustellen. Rezyklat Granulat wird aus wiederverwertbaren Kunststoffen ohne Zusätze gewonnen – und zwar aus den gemahlenen, zerkleinerten Kunststoffen über einen Schmelzprozess.

    Regenerat: Regenerat wird ebenfalls durch einen Schmelzprozess (Compoundierung) hergestellt. Durch die Zugabe von Additiven können verschiedene Eigenschaften der Materialien definiert und entsprechend den Anforderungen angepasst werden.

    Rezyklate im Thermoforming

    Im Thermoforming-Bereich wird Kunststoff Rezyklat als Rohstoff für die Herstellung von Kunststofffolien und -platten mittels Kunststoff Extrusion eingesetzt, die dann für das Tiefziehen von Kunststoff verwendet werden können.

    Herstellungskreislauf von Rezyklaten

    Wie wird Rezyklat gekennzeichnet?

    Um Kunststoffe zu kennzeichnen, die bereits einem Recyclingprozess unterzogen wurden und sich somit von Primärkunststoffen unterscheiden, wird häufig der Buchstabe "R" dem Materialnamen vorangestellt. Beispielsweise rPET, rPP, rHDPE, rLDPE und so weiter. Das "R" steht in diesem Zusammenhang für "recycelt" und wird oft klein geschrieben.

    Gesetzliche Anforderungen an Rezyklate

    • REACH-Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 - REACH-Konformität
    • RoHS-Richtlinien (EU) Nr. 2011/65 und Anlage ⅠⅠ nach RL (EU) Nr. 2015/863 - RoHS-Konformität
    • Alle Anforderungen des Anhang XVII der REACH-VO hinsichtlich Beschränkungen
    • Die Abfallrahmenrichtlinie (EG) Nr. 2008/98:2018 über Abfälle
    • Die GS-Spezifikation AfPS GS 2019:01 PAK für Kategorie 2 - Sonstige Verbraucherprodukte

    Kunststoff Recycling mit formary 

    Wertstoff Kreislauf

    Kunststoff Tiefziehteile sind vollständig recyclebar. Alle Produktionsreste wie Stanz- und Fräsabfälle werden gesammelt und dem Materialkreislauf wieder zugeführt. Aus diesen Resten wird neues Granulat hergestellt, welches wiederum für die Produktion neuer Folien und Platten verwendet wird.

    Der post-consumer Kreislauf liegt außerhalb der direkten Kontrolle von formary, da die sachgemäße Entsorgung durch den Endverbraucher selbst erfolgen muss. Wenn der Endverbraucher ein Unternehmen ist, können alle Teile am Ende ihrer Nutzungsdauer vollständig recycelt werden. Daher nimmt formary alte Tiefziehteile zurück und verwendet diese wieder.

    ℹ️ In unserem Konfigurator können Sie angeben, ob Ihr Kunststoff aus recyceltem Material bestehen soll. Unter “Material” haben Sie die Möglichkeit, Rezyklat als gewünschte Kunststoffoption für Ihr Tiefziehprodukt zu nutzen. 

    formary Konfigurator beim Schritt “Material”: Möglichkeit zur Auswahl von Rezyklat
    formary Konfigurator beim Schritt “Material”: Möglichkeit zur Auswahl von Rezyklat

    Die Nutzung von Rezyklaten aus Kunststoff - Ein Fazit

    Die Verwendung von Rezyklaten ist in der Tiefziehbranche weit verbreitet und wird als wichtiger Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Nutzung von Kunststoffen angesehen. Tiefzieher nutzen in der Regel die Materialüberreste, die beim Thermoformen entstehen und zermahlen diese, um die Kunststoffe als Rezyklate für die die erneute Herstellung von Tiefziehteilen herzustellen.

    Herausforderungen liegen jedoch immer noch in der Produktion hochwertiger Kunststoffprodukte, die insbesondere in der Ästhetik Fehlerquellen aufweisen können. Daher lohnt es sich immer, Spezialisten zu Rate zu ziehen, wenn Sie Rezyklate oder auch Biokunststoffe für Ihr Tiefziehprojekt nutzen wollen.

    Wenn Sie Fragen zur Nutzung von Rezyklaten haben, nehmen Sie mit uns Kontakt auf! Wir helfen Ihnen gerne weiter.

    Diesen Beitrag speichern

    Sie wollen diesen Blogbeitrag später weiterlesen oder auf Ihrem Computer verwenden? Jetzt herunterladen und speichern.

    Tiefziehteile einfach gemacht. Mit formary.

    Erhalten Sie noch heute Ihr unverbindliches Angebot.